Unter Identität (v. lat.: identitas = Wesenseinheit) versteht man die Einzigartigkeit eines Lebewesens, insbesondere eines Menschen.
Identität ist die einzigartige Persönlichkeitsstruktur eines Menschen, das wer bin ich, auf wen beziehe ich mich, wer bezieht sich auf mich, worüber definiere ich mich und was macht mich aus.
Identität ist ein lebenslanger Prozess und zeigt sich im Auftreten, Minik, Gestik, Sprache und körperlichen Stärken und Schwächen und natürlich im inneren Bild / Selbstbild, Selbstgefühl und Glauben an sich.
Identität entwickelt und verändert sich im Lebensverlauf (Identitätsentwicklung, Identitätskrisen).
Dabei werden ständig Informationen aus dem Leib-Selbst (Identifikation = „Wie sehe ich mich selbst?“) und der Umwelt (Identifizierung= „Wie werde ich von meinen Mitmenschen gesehen ?“) bewertet und übernommen oder zurückgewiesen.
Identität ist daher einerseits ein zeitlich überdauerndes Konzept, das sich andererseits aber lebenslang in Entwicklung und Veränderung befindet.
Die 5 Säulen der Identität (ein Konzept von H.G. Petzold für die integrative Therapie)
1. Leib / Leiblichkeit
2. soziales Netzwerk / soziale Bezüge
3. Arbeit und Leistung
4. materielle Sicherheit und
5. Werte
bauen, stützen und tragen (oder eben nicht…) die Identität eines Menschen.
Ganzheitliche psychotherapeutische Arbeit (das gälte natürlich genauso für Medizin, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, etc.) müsste diese 5 Säulen berücksichtigen, und in ihre Arbeit / Interventionen einbeziehen.
Interventionen alleine in Bezug auf die Säule Leib / Leiblichkeit greifen meist zu kurz (wie natürlich auch einseitiges Intervenieren in anderen Säulen, z.B. jemandem der Schulden hat einfach ohne Abklärung in den anderen Säulen einen Kleinkredit geben… / siehe Beispiele), weil sie die Lebensrealität (und Konflikte, Leiden und Chancen) aus den anderen Säulen nicht beachten und einbeziehen.
Leib / Leiblichkeit (Säule 1)
Mein Leib als Gefäss, das ich bin – in dem ich lebe – meine Gesundheit, meine Beweglichkeit, mein Wohlbefinden, meine Sexualität, meine Belastungsfähigkeit, meine Psyche, meine Gefühle, meine Lüste, meine Sehnsüchte, Glaubenssysteme, und Träume … (Meine medizinische Gesundheit, meine Psyche, meine Kondition und Fitness, meine Ausstrahlung, etc.).
In diesen Bereich gehört alles, was mit meinem Leib zu tun hat, „in mir drin“ ist, mit seiner Gesundheit, seinem Kranksein, seiner Leistungsfähigkeit, seinem Aussehen, mit der Art und Weise, wie sich der Mensch mag und „in seiner Haut“ wohl oder eben auch unwohl fühlt.
Auch wie der Mensch von anderen in seiner Leiblichkeit wahrgenommen wird, ob sie ihn anziehend finden oder ablehnen, schön finden oder hässlich, als gesund und vital oder als krank und gebrechlich erleben, etc.
soziales Netzwerk / soziale Bezüge (Säule 2)
Mein soziales Netzwerk, meine Freunde, Familie, Arbeitsplatz, Beziehungen, Ehe, Freizeitgestaltung, Verein …
Persönlichkeit und Identität werden nachhaltig bestimmt von den sozialen Beziehungen, dem sozialen Netzwerk, also den Menschen, die für jemanden wichtig sind, mit denen er zusammen lebt und arbeitet, auf die er sich verlassen kann und denen er etwas bedeutet. Aber es gehören auch Leute zum sozialen Netzwerk, die ihm nicht wohlgesonnen sind, feindselig gegenüberstehen oder auch schaden.
Arbeit und Leistung (Säule 3)
Tätigkeiten, Arbeit, mein „Tätig-sein“, mit der ich mich identifiziere und mit der ich identifiziert werde (wichtig ist hier auch die allgemein gehaltene Formulierung „Tätig-Sein“, denn auch Erwerbslose, RentnerInnen und invalide / berufsunfähige habe sehr wohl Chance, tätig zu sein oder wieder tätig zu werden…).
Ein weiterer Bereich der Identität kann unter die Überschrift „Arbeit, Leistung, „tätig sein““ gestellt werden. Arbeitsleistungen, Arbeitszufriedenheit, Erfolgserlebnisse, Freude an der eigenen Leistung, aber auch entfremdete Arbeit, Arbeitsüberlastung, überfordernde sowie erfüllte oder fehlende Leistungsansprüche bestimmen die Identität nachhaltig.
materielle Sicherheit (Säule 4)
Die Identität wird weiterhin beeinflusst von den materiellen Sicherheiten, dem Einkommen, Geld, materielles wie Nahrung, Kleidung, Lebensbedarf, Weiterbildungsmöglichkeiten, den Dingen, die jemand besitzt, seiner Wohnung oder Haus, aber auch dem ökologischen Raum, dem er sich zugehörig fühlt, dem Stadtteil in dem er sich beheimatet fühlt oder wo er ein Fremder ist. Fehlende materielle Sicherheiten belasten das Identitätserleben schwer. Geld, materielles wie Nahrung, Kleidung, Lebensbedarf, Weiterbildungsmöglichkeiten
Werte & Normen (Säule 5)
Moral, Ethik, Religion, Liebe, Hoffnungen, Traditionen, Glauben, Sinnfragen (gesellschaftliche und persönliche und ihr Verhältnis zueinander).
Persönlichen Werte und Normen, sie sind der fünfte Bereich, welcher meine Persönlichkeit und Identität trägt.
Das, was jemand für richtig hält, von dem er überzeugt ist, wofür er eintritt und von dem er glaubt, dass es auch für andere Menschen wichtig sei. Das können religiöse oder politische Überzeugungen sein, die „persönliche Lebensphilosophie“, wichtige Grundprinzipien.
Zur Identitätskrise kann es kommen, wenn eine oder mehrere Säulen „wegbrechen“ oder sich plötzlich stark verändern und die anderen Säulen die Identität nicht ausreichend stabilisieren können.
Einbezug dieser Säulen in die psychotherapeutische Arbeit heisst:
Psychotherapie ist nicht einfach Arbeit an der Psyche, sondern ganzheitliche Wegbegleitung unter Berücksichtigung des persönlichen Beziehungskontextes, des Arbeits- und Leistungskontextes / -situation, der materiellen Situation, Wertefragen / -konflikten, etc. (siehe Beispiele)
Medizin uns Psychotherapie, welche diese Säulen nicht beachten, sind nicht ganzheitlich und greifen in aller Regel zu kurz.
Quelle
http://www.therapiedschungel.ch/content/5_saeulen_der_identitaet.htm