Die 5 Säulen der Identität nach H.G. Petzold (1993)

Unter Identität (v. lat.: identitas = Wesenseinheit) versteht man die Einzigartigkeit eines Lebewesens, insbesondere eines Menschen.
Identität ist die einzigartige Persönlichkeitsstruktur eines Menschen, das wer bin ich, auf wen beziehe ich mich, wer bezieht sich auf mich, worüber definiere ich mich und was macht mich aus.
Identität ist ein lebenslanger Prozess und zeigt sich im Auftreten, Minik, Gestik, Sprache und körperlichen Stärken und Schwächen und natürlich im inneren Bild / Selbstbild, Selbstgefühl und Glauben an sich.
Identität entwickelt und verändert sich im Lebensverlauf (Identitätsentwicklung, Identitätskrisen).
Dabei werden ständig Informationen aus dem Leib-Selbst (Identifikation = „Wie sehe ich mich selbst?“) und der Umwelt (Identifizierung= „Wie werde ich von meinen Mitmenschen gesehen ?“) bewertet und übernommen oder zurückgewiesen.
Identität ist daher einerseits ein zeitlich überdauerndes Konzept, das sich andererseits aber lebenslang in Entwicklung und Veränderung befindet.

Die 5 Säulen der Identität (ein Konzept von H.G. Petzold für die integrative Therapie)

1. Leib / Leiblichkeit
2. soziales Netzwerk / soziale Bezüge
3. Arbeit und Leistung
4. materielle Sicherheit und
5. Werte

bauen, stützen und tragen (oder eben nicht…) die Identität eines Menschen.

Ganzheitliche psychotherapeutische Arbeit (das gälte natürlich genauso für Medizin, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, etc.) müsste diese 5 Säulen berücksichtigen, und in ihre Arbeit / Interventionen einbeziehen.
Interventionen alleine in Bezug auf die Säule Leib / Leiblichkeit greifen meist zu kurz (wie natürlich auch einseitiges Intervenieren in anderen Säulen, z.B. jemandem der Schulden hat einfach ohne Abklärung in den anderen Säulen einen Kleinkredit geben… / siehe Beispiele), weil sie die Lebensrealität (und Konflikte, Leiden und Chancen) aus den anderen Säulen nicht beachten und einbeziehen.

Leib / Leiblichkeit (Säule 1)

Mein Leib als Gefäss, das ich bin – in dem ich lebe – meine Gesundheit, meine Beweglichkeit, mein Wohlbefinden, meine Sexualität, meine Belastungsfähigkeit, meine Psyche, meine Gefühle, meine Lüste, meine Sehnsüchte, Glaubenssysteme, und Träume … (Meine medizinische Gesundheit, meine Psyche, meine Kondition und Fitness, meine Ausstrahlung, etc.).
In diesen Bereich gehört alles, was mit meinem Leib zu tun hat, „in mir drin“ ist, mit seiner Gesundheit, seinem Kranksein, seiner Leistungsfähigkeit, seinem Aussehen, mit der Art und Weise, wie sich der Mensch mag und „in seiner Haut“ wohl oder eben auch unwohl fühlt.
Auch wie der Mensch von anderen in seiner Leiblichkeit wahrgenommen wird, ob sie ihn anziehend finden oder ablehnen, schön finden oder hässlich, als gesund und vital oder als krank und gebrechlich erleben, etc.

soziales Netzwerk / soziale Bezüge (Säule 2)

Mein soziales Netzwerk, meine Freunde, Familie, Arbeitsplatz, Beziehungen, Ehe, Freizeitgestaltung, Verein …
Persönlichkeit und Identität werden nachhaltig bestimmt von den sozialen Beziehungen, dem sozialen Netzwerk, also den Menschen, die für jemanden wichtig sind, mit denen er zusammen lebt und arbeitet, auf die er sich verlassen kann und denen er etwas bedeutet. Aber es gehören auch Leute zum sozialen Netzwerk, die ihm nicht wohlgesonnen sind, feindselig gegenüberstehen oder auch schaden.

Arbeit und Leistung (Säule 3)

Tätigkeiten, Arbeit, mein „Tätig-sein“, mit der ich mich identifiziere und mit der ich identifiziert werde (wichtig ist hier auch die allgemein gehaltene Formulierung „Tätig-Sein“, denn auch Erwerbslose, RentnerInnen und invalide / berufsunfähige habe sehr wohl Chance, tätig zu sein oder wieder tätig zu werden…).
Ein weiterer Bereich der Identität kann unter die Überschrift „Arbeit, Leistung, „tätig sein““ gestellt werden. Arbeitsleistungen, Arbeitszufriedenheit, Erfolgserlebnisse, Freude an der eigenen Leistung, aber auch entfremdete Arbeit, Arbeitsüberlastung, überfordernde sowie erfüllte oder fehlende Leistungsansprüche bestimmen die Identität nachhaltig.

materielle Sicherheit (Säule 4)

Die Identität wird weiterhin beeinflusst von den materiellen Sicherheiten, dem Einkommen, Geld, materielles wie Nahrung, Kleidung, Lebensbedarf, Weiterbildungsmöglichkeiten, den Dingen, die jemand besitzt, seiner Wohnung oder Haus, aber auch dem ökologischen Raum, dem er sich zugehörig fühlt, dem Stadtteil in dem er sich beheimatet fühlt oder wo er ein Fremder ist. Fehlende materielle Sicherheiten belasten das Identitätserleben schwer. Geld, materielles wie Nahrung, Kleidung, Lebensbedarf, Weiterbildungsmöglichkeiten

Werte & Normen (Säule 5)

Moral, Ethik, Religion, Liebe, Hoffnungen, Traditionen, Glauben, Sinnfragen (gesellschaftliche und persönliche und ihr Verhältnis zueinander).
Persönlichen Werte und Normen, sie sind der fünfte Bereich, welcher meine Persönlichkeit und Identität trägt.
Das, was jemand für richtig hält, von dem er überzeugt ist, wofür er eintritt und von dem er glaubt, dass es auch für andere Menschen wichtig sei. Das können religiöse oder politische Überzeugungen sein, die „persönliche Lebensphilosophie“, wichtige Grundprinzipien.

Zur Identitätskrise kann es kommen, wenn eine oder mehrere Säulen „wegbrechen“ oder sich plötzlich stark verändern und die anderen Säulen die Identität nicht ausreichend stabilisieren können.
Einbezug dieser Säulen in die psychotherapeutische Arbeit heisst:
Psychotherapie ist nicht einfach Arbeit an der Psyche, sondern ganzheitliche Wegbegleitung unter Berücksichtigung des persönlichen Beziehungskontextes, des Arbeits- und Leistungskontextes / -situation, der materiellen Situation, Wertefragen / -konflikten, etc. (siehe Beispiele)
Medizin uns Psychotherapie, welche diese Säulen nicht beachten, sind nicht ganzheitlich und greifen in aller Regel zu kurz.

Quelle
http://www.therapiedschungel.ch/content/5_saeulen_der_identitaet.htm

Der GAMMA-Alkoholismus

Mehr als 90 % der alkoholkranken Menschen in der Bundesrepublik sind sogenannte GAMMA-Alkoholiker.

GAMMA-Alkoholismus ist eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne der RVO.

GAMMA-Alkoholiker haben einen typischen Krankheitsverlauf, der sich in vier Entwicklungsphasen einteilen läßt.

Die Phasen im Überblick:

1. Voralkoholische Phase

2. Vorläufer-Phase (Warnphase)

3. Kritische Phase (Kampfphase)

4. Chronische Phase (Resignative Phase)


1. Voralkoholische Phase

  • Erleichterungstrinken

Nach Alkoholkonsum stellen sich häufig Gefühle von Entspannung, Erleichterung und größerer Durchsetzungsfähigkeit ein. Vorübergehend kommt es zu einem Abbau von Hemmungen und die
Umwelt erscheint leichter zu ertragen. Alkohol bleibt nicht mehr ein Genußmittel, sondern wird zur Medizin.

  • Nachlassen der Tragfähigkeit für seelische Belastungen

Belastungen und Spannungen können nicht mehr so wie früher angenommen und verarbeitet werden.
Es zeigen sich vermehrte Erregbarkeit und Verletzbarkeit. Alkohol wird als Medizin immer
wichtiger.

  • Die Verträglichkeit für Alkohol wird größer

Um sich auszugleichen und Ruhe zu finden, wird mehr Alkohol benötigt.

2. Vorläuferphase

  • Gedächtnislücken stellen sich ein

Es handelt sich um ganz besondere, typische Gedächtnislücken. Bereits relativ geringe Mengen Alkohol, unter deren Wirkung noch regelrecht gehandelt werden kann und das Verhalten nicht auffällig zu sein braucht, können am folgenden Tag zu Erinnerungslücken führen: „Der Film reißt“.

  • Die Trinkart ändert sich

Alkohol wird zunehmend allein und unter Umständen auch heimlich getrunken. Häufig werden Verstecke angelegt.

  • Denken an Alkohol

Der Kranke entdeckt, oft an Alkohol denken zu müssen – besonders in außergewöhnlichen, bela stenden
Situationen. Der Alkohol ist zur wichtigen Entspannungsmedizin geworden.

  • Das erste Glas wird häufig schnell getrunken

Häufig wird nunmehr das erste Glas hastig getrunken, weil nicht mehr in erster Linie der Geschmack, sondern die Wirkung des Alkohols gesucht wird.

  • Schuldgefühle stellen sich ein

Der Kranke versucht, sein Trinkverhalten zu verbergen. In der Regel sind ihm Gespräche über Alkohol unangenehm. Anspielungen bezieht er oft auf sich selbst, darum weicht er ihnen möglichst
aus.

3. Kritische Phase (1)

  • Nach Trinkbeginn Verlust der Kontrolle über weitere Trinkmenge

Kleine, u. U. kleinste Mengen Alkohol lösen einen unwiderstehlichen Drang nach weiterer Alkoholaufnahme aus. Der Kranke verliert die Kontrolle über die weitere Trinkmenge und damit die
Möglichkeit, das Trinken aus eigener Kraft zu beenden. Er trinkt weiter, ohne auf eventuelle Folgen Rücksicht zu nehmen. GAMMA-Alkoholiker entwickeln eine abnorme Reaktion dem Alkohol
gegenüber und können nicht mehr mäßig trinken, ohne sich erneut der Gefahr eines Kontrollverlustes auszusetzen.

  • Trinkpausen nach Kontrollverlust

Aufgrund der unangenehmen Folgen durch Kontrollverluste entschließt sich der Kranke, nunmehr Trinkpausen einzulegen, die er auch einhält. Er will sich erholen, um dann mäßig zu trinken. Das gelingt ihm jedoch auf Dauer nicht mehr. Er erlebt neue Kontrollverluste.

  • Erklärungen und Ausreden werden nötig

Um sich zu rechtfertigen, sucht und konstruiert der Kranke Erklärungen und Begründungen für sein Trinkverhalten. Diese sind für ihn wichtig, um mit Schuldgefühlen fertig zu werden.

3. Kritische Phase (2)

  • Das Verhalten ändert sich

Verlust des Selbstwertgefühls, Schuldgefühle, Selbstverachtung führen häufig zu traurigen Verstimmungen,  Selbstmitleid und einem Wechsel zwischen großspurigem Benehmen und Zerknirschung.

  • Fortschreitende Isolierung

Der Kranke fühlt sich von seiner Umgebung immer weniger verstanden und isoliert sich immer mehr. Er gibt Freundschaften auf, und Freunde wenden sich von ihm ab. Häufig kommt es zum
Arbeitsplatzwechsel. Die Familie leidet zunehmend.

  • Die körperliche Abhängigkeit vom Alkohol wird deutlich

Der Stoffwechsel der Körperzellen hat sich auf den Alkohol eingestellt. Nach Trinkpausen finden sich sogenannte Entzugszeichen, die nach erneuter Alkoholaufnahme wieder verschwinden. Diebekanntesten Entzugszeichen sind: Unruhe, Ängste, traurige Verstimmungen, Gereiztheit, morgendliches Würgen, Schweißausbrüche, Händezittern und Herzbeschwerden.

  • Körperliche Folgeschäden treten auf

Es finden sich Magenschleimhautentzündungen mit Appetitlosigkeit, Leberschäden usw.; es wird eine hausärztliche oder klinische Behandlung notwendig. Auch die sexuelle Kraft kann abnehmen oder völlig verschwinden.

4. Chronische Phase (1)

  • Regelmäßiges morgendliches Trinken wird notwendig

Da die Nachtruhe eine Trinkpause darstellt, zeigen sich morgens quälende Entzugszeichen, die nur mit Alkohol beseitigt werden können. Der Kranke funktioniert nur und kann seine Aufgaben erfüllen, wenn er seinen Alkoholspiegel wieder auffüllt.

  • Tagelange Räusche kommen vor

Das zur Beseitigung der Entzugszeichen notwendige morgendliche Trinken und die dadurch ausgelösten Kontrollverluste können zu tagelangen Räuschen führen.

  • Körperlicher, seelischer und sozialer Abbau

Reichliches Trinken und häufige Trunkenheit verursachen immer deutlicher werdende körperliche Schäden, schwere seelische Störungen und zerstören Familien, die Arbeitsverhältnisse und die Beziehungen zu anderen Menschen.

  • Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen stellen sich ein

Neue Eindrücke können nur schwer behalten werden. Die Konzentrationsfähigkeit nimmt ab.

4. Chronische Phase (2)

  • Bedrohliche Entzugszeichen können auftreten

Nach Trinkpausen können sich Hirnkrampfanfälle, Wahnvorstellungen, ein Delirium tremens und damit lebensbedrohliche Folgezustände einstellen.

  • Die Verträglichkeit für Alkohol nimmt ab

Bereits geringe Mengen Alkohol verursachen einen Rausch, der eines Tages vor der Beseitigung der quälenden Entzugszeichen stehen kann. Damit beherrscht der Alkohol das Denken und Leben des Kranken.

  • Körperliche und seelische Zusammenbrüche

Klinikbehandlungen werden häufiger notwendig. Verzweiflung führt nicht selten zu Selbstmordversuchen.
Körperliche Schäden und die fortschreitende Zerstörung des Gehirns führen zur Hospitalisierung und zum vorzeitigen Tod.

weitere Selbsthilfegruppen in der Region

Märkischer Abstinenzlerclub
Betroffene und Angehörige
Haus der Begegnung
Franz-Künstler-Straße 8
16816 Neuruppin
Infogruppe Dienstag 16.30 Uhr
Tel. 0170 / 243 32 88

Anonyme Alkoholiker
Haus der Parität
Fehrbelliner Sraße 139
16816 Neuruppin
Mittwoch 18.30 Uhr
und
Sonntag 18.00 Uhr
Präsidentenstraße 86 ( Kirche )

Alanon ( Angehörigengruppe )
( Adaption des THBB e.V. )
August-Bebel-Straße 21
Tel. Ingrid 03391 / 74 962
jeden 1. und 3. Mittwoch 18.30 Uhr

Kreuzbund
Betroffene und Angehörige
Evangelisches Gemeindehaus
Schinkelstraße 11
16816 Neuruppin
Gruppe 1 : Freitag    18.00 Uhr
Gruppe 2 : Mittwoch 18.00 Uhr

Blaues Kreuz
Betroffene und Angehörige
Regattastraße 1
16816 Neuruppin
Montag 19.00 Uhr

Elternkreise
für Eltern von drogengefährdeten und drogenabhängigen Jugendlichen
Präsidentenstraße 56
( ambulantes Zentrum des THBB e.V. )
16816 Neuruppin
Tel. 033970 / 86 400
1. und 3. Mittwoch im Monat 19.00 Uhr

Null-Risiko-Club ( NRC )
Spieler und junge Problemkonsumenten
Präsidentenstraße 56
( ambulantes Zentrum des THBB e.V. )
16816 Neuruppin
Tel. 03391 / 50 28 43
14 – tägig Montag 19.00 Uhr

Freie Selbsthilfegruppe ( FSG )
für Suchtkranke in Neuruppin
( offen für Angehörige )
Haus der Parität
Fehrbelliner Straße 139
16816 Neuruppin
Dienstag 19.00 Uhr

Lebenssinn e.V.
Mehrgenerationenhaus Krümelkiste
Otto-Grothewohl-Straße 1 a
16816 Neuruppin
Montag 19.00 Uhr

Selbsthilfegruppen in Lindow, Rheinsberg und Fehrbellin

Lindower Trockenteam
Betroffene und Angehörige
LSV
Neue Straße 1
Lindow
14 – tägig Mittwoch 19.30 Uhr

Rheinsberger Selbsthilfegruppe
Haus der Begegnung
Schillerstraße 9
Rheinsberg
14 – tägig Donnerstag 16.00 Uhr

Rheinsberger Trockenteam
Evangelisches Gemeindehaus
Rheinsberg
Kontakt : 033931 / 39 600
Dienstag 17.30 Uhr

Treffpunkt Selbsthilfe für Suchtkranke in Fehrbellin
Weißdornring 2
Fehrbellin
Tel. 033932 / 72 832
M.Wiese / F.Zabel
14 – tägig Donnerstag 19.00 Uhr

RIA-Team
Selbsthilfegruppe Kyritz
Schulze-Kersten-Straße 17
16866 Kyritz
Tel. 0173 3942320

Alkohol – Eine Frage der Entscheidung

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In Deutschland wird zu viel Alkohol getrunken. Jeder Erwachsene trinkt im Durchschnitt täglich mehr als vier Gläser Alkohol – das ist mehr, als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für gesundheitlich unbedenklich hält. Der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland beträgt bereits ca. 14 Liter reinen Alkohols pro Jahr, bezieht man nur Einwohner über 15 Jahre in die Berechnungen mit ein. Damit steht Deutschland im Vergleich mit den anderen Industrieländern auf Platz 6 – hinter Luxemburg, Irland, Ungarn, Tschechien und Frankreich.

Das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Alkoholkonsum zu schärfen – das ist das Hauptziel der geplanten Aktionswoche mit dem Thema „Alkohol? Kenn dein Limit“. Wie viel ist zu viel? Liegt mein Alkoholkonsum noch im grünen Bereich? Welche Spielregeln sind beim Umgang mit Alkohol zu beachten? Mit diesen Fragen soll die breite Bevölkerung zum Nachdenken angeregt werden. Der Alkoholkonsum soll reduziert und gleichzeitig die Stigmatisierung von Menschen mit Alkoholproblemen überwunden werden. Nach der letzten Repräsentativerhebung zum Konsum von Alkohol aus dem Jahre 2006 gibt es in Deutschland:

9,5 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die riskant Alkohol konsumieren. Von einem riskanten Alkoholkonsum wird dann ausgegangen, wenn Frauen täglich mehr als 12 Gramm und Männer mehr als 24 Gramm Alkohol trinken. Das entspricht einem bzw. zwei kleinen Gläsern Wein (0,1 l) oder Bier (0,25 l).

2,0 Millionen Menschen haben einen missbräuchlichen Alkoholkonsum. Sie berichten entweder von körperlichen Schäden (Leber, Bauchspeicheldrüse usw.) oder sozialen Problemen (Führerscheinverlust, Eheprobleme, Verlust des Arbeitsplatzes usw.).

1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig, sie sind nicht mehr in der Lage, ihren Alkoholkonsum zu steuern. Sie sind behandlungsbedürftig krank.

74.000 Männer und Frauen sterben in jedem Jahr vorzeitig an alkoholbedingten Krankheiten.

Jedes dritte Gewaltdelikt und jede zweite Tötungstat wird unter Alkoholeinfluss begangen. Bei jedem dritten Verkehrsunfall ist Alkohol mit im Spiel.

Jährlich werden etwa 4.000 schwerstalkoholgeschädigte Kinder in Deutschland geboren. Die Zahl der Kinder, die ohne körperliche Fehlbildung, dafür aber mit geistigen Defiziten und Verhaltensstörungen zur Welt kommen, wird auf 15.000 bis 20.000 pro Jahr geschätzt.

Das Einstiegsalter für regelmäßigen Alkoholkonsum ist seit 1970 von 15 auf 12 Jahre gesunken. Somit zählen heute schon Kinder zu den Konsumenten. Ein Grund hierfür mag das stetig wachsende Angebot an süß schmeckenden alkoholischen Getränken sein, genannt Alkopops. Diese stellen eine große Gefahr dar, weil es Kindern noch schwerer fällt als Erwachsenen, die Risiken des Alkoholkonsums zu erkennen. Der kindliche Organismus ist extrem anfällig für Schädigungen durch Alkohol. Und je eher ein Kind beginnt, alkoholische Getränke zu konsumieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es später einmal alkoholkrank wird.

Der volkswirtschaftliche Schaden durch übermäßigen Alkoholkonsum liegt bei 22 Mrd. Euro pro Jahr, wobei ein großer Teil davon auf medizinische Behandlungen und psychologische Betreuung entfällt. Auch ein hoher betriebswirtschaftlicher Schaden ist zu verzeichnen: Jeder 20ste Mitarbeiter in Betrieben und Unternehmen ist alkoholkrank. Durch Arbeitsausfälle, Unfälle und Produktionsschäden entstehen Kosten in Milliardenhöhe, die vermeidbar wären.

Hinter den nüchternen Zahlen stehen menschliche Schicksale. Für eine große Zahl von Menschen ist Alkohol der wichtigste Lebensinhalt. Sie vernachlässigen dafür soziale Beziehungen, Gesundheit und gesellschaftliches Leben. Suchtkranke werden sehr häufig ignoriert und von der Gesellschaft stigmatisiert, was es ihnen noch schwerer macht, Hilfe zu suchen und anzunehmen.

Ungefähr acht Millionen Menschen sind als Angehörige von Alkoholabhängigen betroffen. Die Substanz Alkohol zerstört oft den Familienzusammenhalt, da sich die Persönlichkeit der Abhängigen verändert. Angehörige leiden unter der Belastung und werden oft selber krank.

Öffentlich geäußerte Ansichten über Alkohol beruhen selten auf solidem Wissen. Doch das gesellschaftliche Bewusstsein zum Thema Alkohol kann sich verändern, wenn Aufklärungsarbeit greift und Spielregeln eingehalten werden. Die Aktionswoche 2009 „Alkohol? Kenn dein Limit“ will helfen, Wege aus Missbrauch und Abhängigkeit zu weisen, die wissenschaftlich gesichert und praktikabel sind.

Die öffentliche Diskussion soll jeden Einzelnen anregen, das eigene Verhalten im Umgang mit Alkohol ehrlich einzuschätzen.

Alkohol – Eine Frage der Entscheidung

Weitere Informationen zur Suchtwoche 2009 finden Sie auch unter
http://www.aktionswoche-alkohol.de